Drama-Button, anyone?

Vor einiger Zeit Wochen bin ich im Netz über diesen genialen Werbespot für einen Fernsehsender gestolpert:

Abgesehen von den Lachern, die er mir immer wieder beschert, so oft ich ihn auch sehe, macht er mir deutlich bewußt, daß es an mir liegt, ob ich ihn drücke … und damit das Drama wähle oder nicht. Und, oh Mann, in den meisten Fällen in meinem Leben konnte ich ja nicht widerstehen: Ich LIEBTE das Drama! Die Intensität, mit der ich da empfand, die Bedeutung, die ich allem (und insbesondere mir selbst) zumessen konnte, das Gefühl der Einzigartigkeit meines Leidens, verbunden mit der absoluten Gewißheit, daß mich darin sowieso niemand verstehen würde … einfach herrlich! Und solange ich andere dazu bewegen konnte, im Szenario mitzuspielen, waren Wochen um Wochen an unbezahlbarem Drama garantiert.

Ich nehme an, Du kennst dieses Muster auf die eine oder andere Weise, hm? Soll ich Dir was verraten? Inzwischen genieße ich mindestens dieselbe Intensität, die mir meine diesbezüglichen Ego-Spielchen gebracht haben, jedoch auf andere Weise: indem ich mich dazu ermächtige, mich an allen Aspekten dieses Spiels ekstatisch zu erfreuen.

Ein Meilenstein dafür war ein Erlebnis vor einigen Jahren in Stuttgart. Ich saß niedergeschlagen und verzweifelt auf den Treppen des Rathauses und haderte mit mir und dem Universum, weil wieder mal eine Illusion geplatzt war, der ich geglaubt hatte, hinterher laufen zu müssen. Und ich merkte regelrecht, wie ich dabei war, in meinen sattsam bekannten Strudel aus Selbstmitleid, Melancholie, Weltschmerz und Trostlosigkeit abzugleiten – doch genau in diesem Moment hörte ich mich gleichsam selbst aus einer Beobachterposition zu mir sagen: „Okay, ja, ist in Ordnung. Mach nur.“ Meine Reaktion war, glaube ich, ein aufrichtig verwirrtes: „Häh!?“, doch das wurde nur quittiert mit: „Jaja, du verstehst schon richtig. Los, nur zu! Ich mein, du kennst den Film inzwischen schon richtig gut, echt; aber hey, wenn du willst …“ „Aber verdammt noch mal, ich will jetzt deprimiert sein!“ „Genau mein Punkt, Junge. Darfst du auch! Voll und ganz! Schau dir den Film ruhig noch mal eine Runde an.“ „Ja, aber …“ „Doch, das ist voll okay, glaub mir!“ – Hmpf. Nach ein paar Minuten hatte ich mir damit selbst den Wind aus den Segeln genommen. Mist. Stur wie ich bin, entschied ich zwar dennoch, bis 18 Uhr Depri-Phase zu schieben, und es ab dann einfach sein zu lassen. Und weißt Du was? Es war exakt so einfach, wie sich’s anhört.

Mittlerweile hat sich’s in meinem Freundes- und Bekanntenkreis eingebürgert, daß jemand geistesgegenwärtig seine Hand hebt und über einem imaginären Button schweben läßt, sobald eine Situation unangenehm wird oder sich zuzuspitzen droht – und grinsend in die Runde fragt: „Drama-Button?“ Fast wie ein Kind, das einen Streich spielen will und noch so frech ist, zu fragen: „Darf ich, darf ich?“ Und ganz schnell löst sich das Ganze wieder in Gelächter auf. Ich bin begeistert, wie enorm allein die Vorstellung dieses verführerischen roten Buttons dadurch zur Selbstermächtigung beiträgt!

Damit will ich jetzt gar nicht sagen, daß der Button nie gedrückt werden sollte. Hey, wenn’s Dir Spaß macht, drück ihn und genieß die Show … aber im vollen Bewußtsein – und übernimm die Verantwortung für die Konsequenzen!


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